Saisonaler Haarausfall: Wieso verlieren wir im Sommer mehr Haare?
“Bis zu 100 Haaren am Tag ist alles normal” – wer sich online über Haarausfall informiert, wird relativ schnell auf diesen Satz stoßen. Das Problem: Auch wenn sich eine solche Zahl natürlich nur schwer abschätzen lässt, haben viele Menschen in der wärmeren Jahreshälfte das Gefühl, diesen Rahmen deutlich zu sprengen. Der Eindruck täuscht selten: Stärkerer Haarausfall im Sommer ist ein weitverbreitetes Phänomen, das sich mit einigen Anpassungen jedoch effektiv eindämmen lässt.
Was steckt hinter dem saisonalen Haarausfall?
Mit der “Saison” für den Haarausfall ist gemeinhin die gesamte Zweit zwischen dem späten Frühling bis zur Herbstmitte gemeint. Wie zu jedem anderen Zeitpunkt im Jahr ist die Tatsache, dass Haare ausfallen, dabei völlig normal. Alle Haare am Körper haben einen natürlichen Wachstumszyklus und befinden sich dadurch in einer dieser drei Phasen:
Wachstumsphase (Anagenphase): In dieser Phase entstehen die Haare im Haarfollikel (= Haarwurzel) und bauen allmählich ihre Struktur und Größe auf. Da die Wachstumsphase zwischen zwei und sechs Jahren andauern kann, befinden sich zu jeder Zeit im Durchschnitt mehr als 80 % der Haare am Körper in dieser.
Übergangsphase (Katagenphase): Sobald die Haare in diese Phase eintreten, findet nur noch eine sehr geringe Nährstoffversorgung mehr statt, wodurch auch die Zellteilung ausbleibt. In dieser Übergangsphase (2 Wochen) befinden sich normalerweise nur 1 - 4 % der Körperhaare.
Ruhephase (Telogenphase): Da die Stoffwechselaktivitäten im Haarfollikel vollständig zum Erliegen kommen, stirbt das Haar zwangsläufig ab und fällt dadurch aus. In der “Ausfallphase” befinden sich durchschnittlich zwischen 7 % und 15 % der Haare für ca. drei Monate. Der tatsächliche Ausfallprozess findet statt, indem ein neues Haar in der Wachstumsphase entsteht und das alte, abgestorbene Haar verdrängt.
Dass der Haarausfall in den Sommermonaten verstärkt auftritt, zeigt also, dass sich zu dieser Zeit wesentlich mehr Haare in der Ruhe- bzw. Ausfallphase befinden müssen, als es normalerweise üblich ist. Die Gründe für diesen Prozess sind bisher nicht abschließend erforscht – Forscher und Experten gehen aber davon aus, dass unter anderem folgende Faktoren eine Rolle spielen könnten.
Mögliche Ursachen für saisonalen Haarausfall:
- Die erhöhte UV-Strahlung, der wir uns ab dem Frühling aussetzen, belastet die Haare und “zwingt” sie dadurch früher in die Ruhephase. Eine höhere Luftfeuchtigkeit und Hitze könnten diesen Effekt zusätzlich verstärken.
- “Im Sommer spielen die Hormone verrückt” – diese Aussage wird zwar vor allem häufig als Werbebotschaft genutzt, hat aber einen wahren Kern. Dadurch gibt es immer wieder Vermutungen und Studien dazu, ob womöglich hormonell Ursachen für sommerlichen Haarausfall verantwortliche sein könnten – abschließen geklärt wurde aber auch dieser Aspekt bislang nicht.
- Auch der Schweiß im Sommer könnte eine Rolle spielen: Bei starker Schweißproduktion können die Schweißdrüsen auf dem Kopf verstopfen und dadurch auch die Haarwurzeln in Mitleidenschaft ziehen, wodurch die Haare wesentlich früher in die Ausfallphase übergehen.
- Zusätzlich wird vermutet, dass das “Abwerfen” der Haare auch genetische Hintergründe haben könnte: Unabhängig von der möglichen Vererbung von Haarausfall könnten die speziellen Probleme im Sommer auch von einer Zeit übrig geblieben sein, als Menschen bzw. deren Vorfahren noch wesentlich stärker behaart waren und diese Menge an Sommer und Winter bzw. Hitze und Kälte anpassen mussten, um zu überleben.
Was kann ich gegen den Haarausfall im Sommer tun?
Die gute Nachricht: Durch den natürlichen Wachstumszyklus normalisiert sich der Haarausfall normalerweise im Spätherbst wieder. Die Haare, die ausgefallen sind, wachsen auch wieder nach – häufig wird deshalb auch von einem sogenannten “Shedding-Effekt” gesprochen. Sollte das Problem anhalten, gibt es zum einen verschiedene verschreibungspflichtige und rezeptfreie Medikamente gegen Haarausfall (z. B. mit Biotin), gleichzeitig können aber bereits einige Anpassungen bei der Ernährung und dem Lebensstil helfen:
Ernährung: Wie der Körper brauchen auch die Haare bestimmte Nährstoffe, Mineralien und Vitamine für ihr gesundes Wachstum. Bei der Stärkung helfen kann unter anderem Vitamin B7, das unter anderem in Form von Tabletten als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich ist. Auch Vitamin H spielt eine wichtige Rolle und lässt sich einfach über die Nahrung (z. B. Bananen, Avocados) aufnehmen. Grundsätzlich ist frisches Obst und Gemüse wie so häufig förderlich für die (Haar-)Gesundheit.
Pflegeprodukte: Es gibt eine ganze Reihe von Shampoos, die mit speziellen Wirkstoffen das Wachstum der Haare anregen sollen – die tatsächliche Wirkung ist dabei aber nach wie vor umstritten. Wichtiger ist es, bei den Pflegeprodukten darauf zu achten, dass diese keine Silikone, Parabene oder andere komedogene Stoffe enthalten, da diese die Poren verstopfen und die Kopfhaut sowie die Haarwurzeln reizen können.
UV-Strahlung: Die Haut einzucremen sowie After-Sun-Produkte zu benutzen, gehört im Sommer mit zu den Selbstverständlichkeiten – der Schutz der Haare gerät dabei meistens in Vergessenheit. Wer mit saisonalem Haarausfall zu kämpfen hat, sollte deshalb besonders darauf achten, Haare und Kopfhaut mit einer Kopfbedeckung zu schützen.
Ein wichtiger Punkt zum Ende: Abgesehen vom saisonalen Faktor kann Haarausfall natürlich auch immer andere Ursachen haben. Sollte keiner der genannten Tipps helfen und der Haarausfall auch nach dem Spätsommer bestehen bleiben, ist es deshalb immer ein sinnvoller Schritt, sich an einen spezialisierten Dermatologen zu wenden.