
Die Schilddrüse - das vernachlässigte Organ
Die Schilddrüse - das kleine Steuerungsorgan unterhalb des Kehlkopfes bestimmt nahezu alle Prozesse im menschlichen Organismus. Doch in der Gesundheitsvorsorge wird die Schilddrüse sträflich vernachlässigt.
Erschreckendes Ergebnis der großen Papillon-Aktion zum Auffinden von Schilddrüsenkrankheiten unter 100.000 Bundesbürgern: Die Schilddrüsen von nahezu 30 Millionen Deutschen sind nicht in Ordnung.
In höheren Altersklassen sind bis zu zwei Drittel an der Schilddrüse erkrankt. Kaum jemand ahnt, daß Schweißausbrüche, Schlafstörungen, Gereiztheit, Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, aber auch Lustlosigkeit bis hin zur Depression, aufgequollenes Unterhautgewebe, Haarausfall, unerklärliche Gewichtsveränderungen usw. die Folge von Schilddrüsenstörungen sind. Auch viele unerfüllte Kinderwünsche gehen auf das Konto von Schilddrüsenerkrankungen.
Die Schilddrüse ist genauso wichtig wie das Herz
Die Schilddrüse (lateinisch: Glandula thyreoidea) ist zwar viel kleiner, aber für den menschlichen Organismus genauso wichtig wie das Herz. Die von der Schilddrüse produzierten Hormone beeinflussen die gesamte körperliche Entwicklung. Und sogar die seelische Verfassung hängt wesentlich von der Funktion der Schilddrüse ab.
Die Schilddrüse ist ein kleines Steuerungsorgan unterhalb des Kehlkopfes, das die Form eines Schmetterlings hat. Bei Millionen Menschen in Deutschland ist offenkundig, daß dieses Organ erkrankt ist: sie haben einen Kropf, die häufigste Erkrankung der Schilddrüse. Er ist entweder sichtbar oder durch Tasten zumindest fühlbar. Der Grund für diese krankhafte Vergrößerung: Die Schilddrüse legt sich eine immer umfangreichere Produktionskapazität für die Bildung ihrer Hormone zu. Dies geschieht deshalb, weil ihr der Grundbaustein dafür fehlt: das Element Jod.
Erfolglos versucht sie durch Vermehrung und Vergrößerung ihrer Zellen den Jodmangel auszugleichen und so die Herstellung von Hormonen sicherzustellen. Doch ohne den Rohstoff Jod ist das alles vergeblich. Es wächst der Kropf. Die wuchernde Gewebebildung kann dabei nicht mehr Hormone bilden. Um zu funktionieren, ist die 20 Gramm leichte Drüse, die unter dem Schildknorpel des Kehlkopfes (Adamsapfel) sitzt, unabdingbar auf Jod angewiesen.
Unsere Schilddrüse - ein Opfer der Eiszeiten
Doch gerade dieses Spurenelement ist schon seit Jahrtausenden Mangelware in deutschen Böden – auch in österreichischen und schweizerischen - und damit auch im Trinkwasser und in der Nahrung. Schuld sind die urzeitlichen Klimakatastrophen der Eiszeiten. Als die damals entstandenen riesigen Gletscher abschmolzen, wuschen sie das Element Jod aus den Böden und schwemmten es ins Meer. Seither ist die Nordsee stark jodhaltig und der Seefisch daraus ebenfalls. Unsere Böden dagegen sind nahezu jodfrei.
Jodmangelkrankheiten der Schilddrüse sind deshalb weit verbreitet. Präparate, die fehlende Schilddrüsenhormone ersetzen, gehören laut Arzneimittelreport seit Jahren zu den am häufigsten verordneten apothekenpflichtigen Medikamenten.
Sehr oft sieht man der Schilddrüse allerdings ihre Probleme gar nicht an, auch wenn sie defekt ist. Denn es bildet sich keinesfalls immer ein Kropf. Weil das Organ aber bei allen Funktionsabläufen im Körper eine zentrale Rolle spielt, verursachen Schilddrüsenerkrankungen schwere Folgestörungen in vielen Bereichen, an die man zunächst überhaupt nicht denkt. Überall steuern Schilddrüsenhormone die Vorgänge und Prozesse im menschlichen Körper. Deshalb gibt es so viele unterschiedliche Symptome, wenn die Schilddrüse mangelhaft arbeitet. Das sind oft Leiden, für die der Arzt keine organische Erklärung findet. Zum Beispiel gehören dazu Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Zittern, Schlafstörungen, Nervosität, Gereiztheit, Verdauungsprobleme mit häufigen Durchfällen, Bluthochdruck, überhöhte Pulsfrequenz, Herzrasen, Herzrhythmusstörungen, Glotzaugen (wie beim Schlagersänger Heino), aber auch Lustlosigkeit bis hin zur Depression, aufgequollenes Unterhautgewebe, dünner werdende Haare, so daß keine Frisur mehr hält, unerklärliche Gewichtsab- oder -zunahme, Heiserkeit, und eben der bekannte Kropf, der unter anderem die Atmung behindern kann.
Frauen erkranken zwei bis dreimal häufiger an der Schilddrüse als Männer
Die Bedeutung der Schilddrüse für die menschliche Gesundheit wird noch immer weit unterschätzt. Das fängt bereits an, noch ehe ein Mensch geboren werden kann. Wenn nämlich Jodmangel herrscht und die Schilddrüse leidet, bleibt oftmals eine ersehnte Schwangerschaft überhaupt aus. Frauen erkranken zwei bis dreimal häufiger an der Schilddrüse als Männer. Verantwortlich dafür sind die weiblichen Geschlechtshormone, die Östrogene. Sie bringen in bestimmten Situationen den Stoffwechsel der Schilddrüse durcheinander. Das beginnt bereits in der Pubertät, mit dem ersten großen Hormonschub. Auch bei einem Kinderwunsch können solche Störungen problematisch werden.
Der Weg zum Wunschkind führt manchmal über die Schilddrüse
Wenn sich keine Schwangerschaft einstellen will, müssen dafür keineswegs Störungen in den Eileitern oder Eierstöcken vorliegen, sondern diese können auch im Halsbereich angesiedelt sein. „Schilddrüsen- und Sexualhormone wie das Östrogen stehen miteinander in einem engen Zusammenhang und beeinflussen sich gegenseitig“. Darauf weist das „Forum Schilddrüse e.V.“ hin, eine gemeinnützige Organisation für „bessere Aufklärung über Vorbeugung, Diagnose und Therapie von Schilddrüsenkrankheiten“. Gerieten die Schilddrüsenhormone aus dem Gleichgewicht, spielten auch die weiblichen Hormone verrückt: Eisprung und Regelblutung könnten dadurch nicht mehr normal ablaufen. Möchte eine Frau dann schwanger werden, stünden die Chancen schlecht dafür.
Es ist demnach keineswegs selten, daß die Schilddrüse für eine ausbleibende Schwangerschaft verantwortlich ist. Sowohl eine Überfunktion als auch eine Unterfunktion der Schilddrüse können die Empfängnis nachhaltig stören. Betroffene Frauen werden nicht nur seltener schwanger, sie sind auch häufiger von Fehlgeburten betroffen. Mit einer frühzeitigen Entdeckung und Behandlung von Schilddrüsenstörungen könnten sich mitunter teure Verfahren zur Behandlung der ungewollten Kinderlosigkeit erübrigen. Darauf weisen die Experten des Schilddrüsenforums hin.
Vor allem eine Unterfunktion der Schilddrüse, medizinisch Hypothyreose, kann bewirken, daß das lang ersehnte Wunschkind ausbleibt. Doch auch eine Überfunktion (Hyperthyreose) stört die Empfängnis, wenn auch nicht ganz so häufig. Dafür wirkt sich eine Schilddrüsenüberfunktion um so dramatischer auf den Schwangerschaftsverlauf aus, wenn sie unbehandelt bleibt: Fehlgeburten, Frühgeburten oder Mißbildungen des Kindes können hier ihre Ursachen haben.
Viele betroffene Frauen, die schwanger werden möchten, wissen gar nichts von der „Fruchtbarkeitsblockade“ durch ihre Schilddrüse. Deshalb ist es besonders wichtig für alle Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch oder vorangegangenen Fehlgeburten, die Schilddrüsenfunktion unbedingt vom Arzt mit einer Blutuntersuchung überprüfen zu lassen. Dabei werden bestimmte Schilddrüsenhormone, vor allem das so genannte TSH (Siehe Sonderteil/Kasten: Die Funktion der Schilddrüse), sowie die Schilddrüsenantikörper gemessen.
Autoimmunerkrankungen machen unfruchtbar und sind schuld an Fehlgeburten
Selbst wenn die Schilddrüse eine normale Funktion zeigt (euthyreote Stoffwechsellage), aber Schilddrüsenantikörper nachweisbar sind, wirkt sich das negativ auf die Empfängnis aus. Diese Antikörper sind in der Lage, eine Schwangerschaft zu verhindern.
Auch die Fehlgeburtenrate ist bei Schwangeren mit Schilddrüsenantikörpern erhöht. Etwa sechs bis zehn Prozent aller werdenden Mütter sind davon betroffen. Für sie ist die Gefahr einer Fehlgeburt um das Doppelte erhöht. Besonders gefährdet sind Frauen, die bereits eine andere Autoimmunerkrankung haben, zum Beispiel Diabetes mellitus Typ1. Sie sind zu etwa einem Viertel auch von Schilddrüsenantikörpern betroffen und haben somit ein erhöhtes Risiko für eine Fehlgeburt.
Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch, mit Komplikationen in einer früheren Schwangerschaft oder mit Fehlgeburten, sollten immer an die Schilddrüse denken. Vielleicht ist sie die Ursache für ihre Probleme.
Während einer Schwangerschaft nimmt etwa ab der zehnten Woche die embryonale Schilddrüse Jod aus dem Blut der Mutter auf. Kurze Zeit später kann sie auch schon eigene Schilddrüsenhormone produzieren. Das Jod erhält das ungeborene Kind über die Nabelschnur aus dem mütterlichen Blut. Der Jodbedarf Schwangerer ist deshalb erhöht.
Neugeborene werden untersucht, ob ihre Schilddrüse funktioniert
Müssen Eltern Angst haben, daß ihr Kind unerkannt an einer Schilddrüsenerkrankung leiden und damit schweren Schaden nehmen könnte? Das ist nahezu ausgeschlossen, denn seit fast 30 Jahren werden alle Neugeborenen vorsorglich durch eine Blutentnahme aus der Ferse auf ihre Schilddrüsenfunktion hin untersucht. Sollte zum Beispiel eine angeborene Unterfunktion (siehe „Funktion und Krankheiten der Schilddrüse“) vorhanden sein, werden sie sofort mit den fehlenden Hormonen versorgt und können sich dadurch völlig normal entwickeln, während sie früher irgendwann in Heimen für geistig Behinderte gelandet sind.
Denn wenn es zu einer Unterfunktion der Schilddrüse bei einem Neugeborenen käme, wären die Folgen dramatisch. Es träten bald Stuhlverstopfungen auf, die Kinder würden rasch dick und auffallend träge. Das Wachstum wäre stark gehemmt. Außerdem würde bei einer Schilddrüsenunterfunktion die Intelligenzentwicklung gestört bis hin zum Schwachsinn. Zum Glück tritt eine Unterfunktion bei Neugeborenen aber nur in Ausnahmefällen auf. Etwa eines von dreitausend Kindern kommt mit einem angeborenen Schilddrüsendefekt auf die Welt.
Schilddrüsenunterfunktion bei Säuglingen wäre eine Katastrophe
Beim Neugeborenen und im späteren Kindesalter sind die von der Schilddrüse gebildeten Hormone für eine normale körperliche und geistige Entwicklung von großer Bedeutung. Deshalb wird in Deutschland bei allen Neugeborenen ein Suchtest im Blut (TSH-Screening) zur Früherkennung einer angeborenen Schilddrüsenunterfunktion durchgeführt. Ursache ist entweder eine fehlende, eine zu kleine oder eine nicht normal funktionierende Schilddrüse. Jedes Jahr werden in Deutschland rund 3.000 Kinder vollkommen ohne Schilddrüse geboren – siehe dazu auch unser Interview mit Prof. Dr. Christoph Reiners, Direktor der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universität Würzburg.
Ist die Diagnose durch Bluttests abgesichert und hat die Untersuchung eine defekte oder fehlende Schilddrüse bestätigt, muß frühzeitig mit der Behandlung begonnen werden. Die Therapie erfolgt mit Thyroxin als Tabletten oder Tropfen. Die Dosierung muß immer wieder an den Bedarf des kleinen Patienten angepaßt werden. Hierfür sorgen regelmäßige Blutuntersuchungen bei einem Schilddrüsenspezialisten. Wichtig ist es, die verordnete Dosis Thyroxin täglich einzunehmen - und das lebenslang. So brauchen Eltern keine Angst vor Nebenwirkungen zu haben und das Kind entwickelt sich ganz normal.
Auch wenn die Frisur nicht mehr sitzt, kann die Schilddrüse dahinterstecken
Nicht nur Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch und Schwangere müssen erfahren, daß ihre Schilddrüse oft nichts Gutes im Schilde führt. Das weibliche Geschlecht ist noch auf andere Weise betroffen: Durch ausfallende Haare, brüchige Nägel oder trockene Haut. Wenn die Schilddrüse nicht richtig arbeitet, kann auch die Schönheit darunter leiden. „Fast die Hälfte aller Frauen mit einer Schilddrüsenstörung klagt über Haarausfall“, erkärt Privatdozent Dr. Reinhard Finke, Arzt für Innere Medizin und Endokrinologie. Der Berliner Schilddrüsenspezialist berichtet, daß eine Unterfunktion dieses Organs ebenso häufig die Ursache von Haut- und Haarproblemen sei wie eine Überfunktion. Das Mini-Organ Schilddrüse steuere eben nicht nur Herz, Kreislauf oder Körpertemperatur, sondern auch das größte Organ des menschlichen Körpers, die Haut. Gerate die Schilddrüse aus dem Gleichgewicht, veränderten sich deshalb auch die Haut und alles was mit ihr zusammenhänge, wie Nägel, Haare usw.
Wenn die Haare dünner und feiner werden, bemerken Frauen zunächst, daß ihre Frisur nicht mehr so hält, wie sie es gewohnt sind. Diese Zeichen sind oft typisch für eine Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose). Das Zuviel an Schilddrüsenhormon im Blut beschleunigt das Haarwachstum. Der Negativ-Effekt für die Schönheit: Sie fallen auch schneller aus, sind ebenso wie die Fingernägel dünner, feiner und manchmal brüchiger. Die Haut ist wärmer als sonst, kann leicht feucht oder schweißig werden, juckt bei vielen Betroffenen, ist gereizt oder gerötet.
Wer solche Erscheinungen an sich beobachtet, sollte die Schilddrüse untersuchen lassen. Denn neben den kosmetischen Problemen kann eine Überfunktion schließlich ein ernstes Risiko für den ganzen Organismus bedeuten, so daß die Ursache dafür möglichst rasch gefunden und kuriert werden sollte.
Wird eine Überfunktion behandelt, können zwar auch manche der eingesetzten Medikamente gelegentlich Haarausfall auslösen; viel häufiger läßt jedoch die vorausgegangene Schilddrüsenstörung die Haare noch über eine gewisse Zeit ausfallen. Deshalb wichtig zu wissen: Je konsequenter die Behandlung angewendet wird, desto eher wachsen auch die Haare wieder. Finke gibt deshalb allen Betroffenen den Experten-Tipp: „Geduld ist hier sinnvoller als ein vorschnelles Absetzen der Arzneimittel.“
Stumpfe Haare, rauhe Haut durch Schilddrüsenerkrankungen
Bei der Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) stehe laut Finke der Haarausfall sogar an der Spitze der häufigsten Symptome: „Jeder zweite Patient beobachtet dies beunruhigt“. Haut und Haare seien dann oft trocken, rauh und stumpf, sie würden auch nicht mehr fetten. Die Nägel könnten wie bei der Schilddrüsenüberfunktion brüchig werden, manchmal träten Längs- oder Querrillen auf, oder die Nagelplatte flache sich ab. Da bei der Unterfunktion der Körper eher „auf Sparflamme läuft“, sinke auch die Körpertemperatur. Finke: „Die Haut wird kühl und blaß, sieht manchmal auch geschwollen aus, vor allem an den Augenlidern.“ Weiterhin seien ständige Müdigkeit, Frieren, Antriebslosigkeit oder ungewollte Gewichtszunahme bei gleichbleibender Ernährung wichtige Kennzeichen einer Schilddrüsenunterfunktion.
Nicht immer, so der Experte, träten die Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion jedoch deutlich zu Tage: „Gerade diese Störung entwickelt sich oft schleichend und bleibt häufig über lange Zeit unentdeckt.“
Jeder kann von Schilddrüsenproblemen betroffen sein – durch Vorsorge lassen sich schlimme Folgen verhindern
Bei Reihenuntersuchungen in Betrieben oder kürzlich auch bei Parlamentariern zeigt sich, daß in höheren Altersgruppen mehr als die Hälfte der Bevölkerung irgendeinen Defekt an der Schilddrüse aufweist. Zum Beispiel haben Ultraschall-Untersuchungen bei 123 Besuchern der Gesundheitstage in Nürnberg am 22. und 23. Oktober 2003 ergeben, daß jeder zweite der 45- bis 64-Jährigen Knoten in der Schilddrüse hatte, bei den über 65-Jährigen waren es sogar über 60 Prozent. Die überwiegende Mehrheit hatte davon nichts gewußt. Insgesamt haben 25 bis 30 Millionen Deutsche eine defekte Schilddrüse. Das ist nahezu jeder Dritte.
„Deutschland bleibt Jodmagel-Gebiet, trotz beachtlicher Verbesserungen in den letzten Jahren.“ Zu diesem Schluß kommt die „Untersuchung von Schilddrüsen-Störungen in der arbeitenden Bevölkerung Deutschlands“, die an rund 100.000 Angestellten im Rahmen der „Papillon-Aktion“ vorgenommen wurde. Angestellte zwischen 18 und 65 Jahren wurden auf freiwilliger Basis in 214 Firmen, privaten oder öffentlichen Einrichtungen durch 230 erfahrene Forscher untersucht. Abnormale Befunde, wie Kropf oder Knoten größer als 0,5cm wurden bei exakt 33.1 Prozent der Untersuchten festgestellt. Männer waren zu 32 Prozent betroffen, Frauen zu 34,2 Prozent. Vergrößerte Schilddrüsen ohne Knoten wiesen 9,7 Prozent der Untersuchten auf. Hier lag der Anteil der Männer bei 11,9 Prozent, jener der Frauen bei 7,6 Prozent. Nur Knoten ohne vergrößerte Schilddrüsen hatten 14,3 Prozent der an der Großstudie Beteiligten. Davon waren 11,5 Prozent Männer und 17 Prozent Frauen.
„Die Rate der abnormen Befunde stieg bei beiden Geschlechtern mit zunehmendem Alter an. Der Kropf war häufiger bei Männern, Knoten häufiger bei Frauen“, heißt es in einemBericht zu dieser Studie.
Knoten in der Schilddrüse können lange unentdeckt bleiben, vor allem, wenn sie zunächst nicht mit einer Funktionsstörung einhergehen. Eine frühe Erkennung und rechtzeitige Behandlung würden oft unnötiges späteres Leiden verhindern und in vielen Fällen vor einer Operation bewahren. Eine Untersuchung der Schilddrüse sollte vor allem dann erfolgen, wenn Beschwerden wie Druckgefühl im Hals, Luftnot, Heiserkeit, spürbare oder gar schmerzende Knoten im Halsbereich auftreten. Noch besser wäre eine prophylaktische Untersuchung bei Jugendlichen in der Pubertät und eine weitere ab dem 40. Lebensjahr.
Die Behandlung knotiger Veränderungen in der Schilddrüse ist - abhängig von Art und Größe - recht unterschiedlich. In manchen Fällen hilft konsequente Jodeinnahme. In anderen Fällen wird eine Radio-Jod-Therapie oder auch eine Schilddrüsenoperation notwendig.
Alle Zellen und alle Organe des Körpers werden durch die Schilddrüse zeitlebens gesteuert und beeinflußt
Schilddrüsenerkrankungen treten in jedem Alter auf. Die Gruppe der Vierzigjährigen hat zum Beispiel auch ein spezielles Schilddrüsenproblem, die Basedowsche Krankheit. Das ist eine besondere Form der Schilddrüsenüberfunktion. Sie löst die bekannten Störungen aus, die durch eine Beschleunigung sämtlicher Stoffwechselprozesse entstehen, wie eben Nervosität, Herzrhythmusstörungen, Schweißausbrüche, Verdauungsprobleme. Außerdem treten in zwei Dritteln der Fälle die Augen unnatürlich hervor.
Die Ursachen für diese Form der Schilddrüsenerkrankung sind noch nicht vollständig erforscht. Es ist eine Autoimmun-Erkrankung. Das heißt, das Immunsystem spielt verrückt und richtet sich gegen den eigenen Körper. Dadurch kommt es dann zu dieser Überfunktion. Mit Medikamenten kann man die zuviel produzierten Hormone unschädlich machen. Die Ursachen kann man jedoch nicht beseitigen. Oft verschwindet eine Basedowsche Erkrankung aber so plötzlich wie sie gekommen ist. Manchmal muß die Schilddrüse auch operiert werden oder mit radioaktivem Jod behandelt werden, um die Hormonproduktion einzuschränken.
Schlagerstar Heino sagt, er könne kaum mehr seine Brille aufsetzen, weil seine Augen soweit hervorträten, daß sie an den Gläsern anstünden. Der medizinische Ausdruck für dieses Phänomen lautet Exophthalmus. Dabei sind das Gleitlager des Auges und die Muskulatur entzündet. Es kommt zu einer starken Schwellung, wodurch der Augapfel nach vorne herausgedrückt wird. Die Entzündung muß dann medikamentös oder durch Bestrahlung eingedämmt werden, manchmal ist auch eine Augenoperation notwendig.
Kropf ist nicht gleich Kropf
Jede Vergrößerung der Schilddrüse wird als Kropf (medizinisch Struma) bezeichnet.
Allerdings beeinträchtigt so mancher Kropf die Gesundheit, ohne daß er als solcher überhaupt erkannt wird. Das liegt daran, daß nicht jede Schilddrüsenvergrößerung nach außen tritt. Kröpfe wachsen auch nach hinten, drücken auf Luft- und Speiseröhre, ohne daß man äußerlich etwas sieht. Andere wachsen weit in den Brustkorb hinein. Bei unklaren Druckschmerzen im Hals oder im Brustraum sollte deshalb immer ein Schilddrüsenspezialist zu Rate gezogen werden.
Wenn die Schilddrüse einen Kropf bzw. eine Struma gebildet hat, werden verschiedene Therapien angewandt, um diese Gewebsmassierung zurückzubilden: Jod in Tablettenform kann eine Normalisierung bewirken, manchmal in Kombination mit Schilddrüsenhormonen. Wenn der Kropf gesundheitliche Probleme bereitet, z.B. die Atmung einengt, ist oft eine Operation angezeigt. Auch bei heißen Knoten (siehe „Funktion und Krankheiten der Schilddrüse“), in manchen Fällen von Basedow, sowie bei Verdacht auf Schilddrüsenkrebs, werden chirurgische Eingriffe erforderlich. Bei nicht besonders großen Kröpfen oder bei älteren Patienten mit erhöhtem Narkoserisiko kann eine Radiojod-Therapie die richtige Therapie sein. Sie ist ebenfalls in der Lage, eine vergrößerte Schilddrüse wieder zurückzubilden. Solange ein Kropf allerdings keinerlei Beschwerden macht, sollte er in Ruhe gelassen werden, raten Schilddrüsenspezialisten.
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