Chronische Verstopfung – die drei wichtigsten Ursachen
Chronische Verstopfung (medizinisch: Obstipation) hat viele Ursachen – auch solche, an die kaum jemand denkt. MEDIZIN-WELT hat die Expertin Dr. Viola Andresen von der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) befragt. Sie arbeitet am Israelitischen Krankenhaus in Hamburg und ist Koordinatorin der DGVS-Leitlinie Chronische Verstopfung. Hier ihre Antworten.
Drei Hauptursachen für chronische Verstopfung
MEDIZIN-WELT: Was sind die drei Hauptursachen für eine chronische Verstopfung?
Dr. Viola Andresen: Verschiedene Störungen können zu einer chronischen Verstopfung führen bzw. beitragen.
Chronische Verstopfung kann durch Transportstörungen des Darms im Sinne eines „trägen Darms“ entstehen, aber vermutlich auch Sekretions- und Absorptionsstörungen des Darms, wodurch der Stuhlgang besonders hart und schwer zu entleeren ist. Zusätzlich kann der Stuhlentleerungsprozess gestört sein, entweder durch fehlerhafte Koordination des Beckenbodenbereiches oder aber durch strukturelle Störungen, wo z.B. beim Pressen durch Absinken eines Unterbauchorgans der Analkanal blockiert wird.
All diese Störungen können von sich aus bestehen (primäre Obstipation) oder aber auch Folge von Medikamenten, Erkrankungen oder Operationen sein (sekundäre Obstipation).
Ganz oft finden sich aber auch Mischbilder, wo der Darm vielleicht von sich aus schon etwas träge ist und dann durch zusätzliche Medikamente noch weiter im Transport gehemmt wird.
Zu den häufigsten Formen der chronischen Verstopfung zählen die chronische funktionelle Obstipation, das Reizdarmsyndrom mit Obstipation und die medikamentös induzierte Obstipation.
15 Prozent der Deutschen sind von chronischer Verstopfung betroffen
MW: Wie viele Menschen in Deutschland sind von chronischer Verstopfung betroffen?
Andresen: Aktuelle Studien zeigen, dass etwa 15 Prozent der Deutschen, das sind rund neun Millionen Einwohner, unter Symptomen von Verstopfung leiden. Da längst nicht alle Menschen über ihre Beschwerden sprechen, ist die wahre Anzahl an Betroffenen vermutlich noch höher.
Frauen leiden häufiger unter chronischer Verstopfung
MW: Sind Männer und Frauen durch eine chronische Verstopfung gleichermaßen betroffen oder gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede?
Andresen: Frauen sind deutlich häufiger von einer Verstopfung betroffen als Männer. Das Verhältnis beträgt etwa 2:1. Die genauen Ursachen für die Unterschiede sind nicht geklärt.
Einerseits spielen offenbar hormonelle Faktoren wie z.B. Umstellungen in den Wechseljahren eine Rolle, andererseits können auch Veränderungen im Beckenbodenbereich nach Schwangerschaft und Geburt Störungen im Bereich der Stuhlentleerung begünstigen.
Zudem scheinen Frauen auch eher über Verstopfungsprobleme zu sprechen, so dass bei Männern das Problem oftmals gar nicht bekannt ist.
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