Dem Syndrom der unruhigen Beine auf der Spur – das Leiden ist behandelbar
Unruhige Beine stören den Schlaf. Die Betroffenen wachen nachts öfter auf und leiden dadurch an einem Schlafdefizit und deshalb nicht selten an ausgeprägter Tagesmüdigkeit. Auch bei Bahnfahrten, einem Konzertbesuch oder einer längeren Flugreise spüren manche Menschen nach einiger Zeit ein unerträgliches Kribbeln oder bisweilen auch ziehende Schmerzen in den Beinen, oft verbunden mit einem starken Bewegungsdrang. Acht Millionen Deutsche sind von unruhigen Beinen betroffen.
Wissenschaftler aus Münster und Greifswald haben jetzt herausgefunden, das Frauen von diesem auch als Restless-Legs-Syndrom (Unruhige Beine Syndrom, RLS) bezeichneten Leiden fast doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Gleichzeitig konnten sie nachweisen, dass das Erkrankungsrisiko an unruhigen Beinen mit jedem Kind, das eine Frau zur Welt bringt, deutlich steigt. Vorgestellt wurden die Ergebnisse dieser Studie zu unruhigen Beinen, an der 4.310 zufällig ausgewählte Einwohner von 20 bis 79 Jahren aus der Region Vorpommern beteiligt waren, in der amerikanischen Fachzeitschrift „Archives of Internal Medicine“.
Unruhige Beine: Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer
Vom Syndrom der unruhigen Beine sind laut Studie etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung betroffen. Frauen leiden mit 13,4 Prozent fast doppelt so häufig an unruhigen Beinen wie Männer (7,6 Prozent). Sowohl bei Männern als auch bei Frauen steigt die Häufigkeit des Syndroms der unruhigen Beine mit zunehmendem Alter an. Der Geschlechtsunterschied konnte in dieser Studie erstmals mit verläßlichen Zahlen belegt werden.
Die Anzahl der Kinder, die eine Frau zur Welt bringt, soll demnach Einfluss auf die Häufigkeit der Erkrankung haben. Frauen ohne Kinder hätten in den verschiedenen Altersgruppen die gleiche Häufigkeit aufgewiesen wie Männer. Unabhängig vom Alter sei jedoch mit jedem Kind, das eine Frau geboren hatte, die Häufigkeit (Prävalenz) des Syndroms der unruhigen Beine angestiegen.
In der Altersgruppe bis 59 Jahren sei das Risiko für eine Frau, die drei oder mehr Kinder geboren hatte, im Vergleich zu Männern dreieinhalb mal so hoch. Dr. med. Klaus Berger vom durchführenden Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin des Universitätsklinikums Münster erklärte, diese Ergebnisse zeigten erstmals, dass in der Allgemeinbevölkerung über alle Altersgruppen hinweg ein Geschlechtsunterschied in der Häufigkeit der Erkrankung der unruhigen Beine bestehe. Zudem könne erstmals eine mögliche Erklärung dieses Unterschiedes zwischen Männern und Frauen gegeben werden. Denn die Daten unterstützten die Hypothese, dass ein Zusammenhang zwischen Geschlechtshormonen und dem Syndrom der unruhigen Beine bestehe. Die Hormonhypothese werde weiter durch die Tatsache untermauert, dass bei Frauen, die sich bereits in der Menopause befänden, der Zusammenhang der unruhigen Beine mit der Kinderzahl deutlich schwächer ausgeprägt sei als bei Frauen vor der Menopause.
Acht Millionen Deutsche leiden an unruhigen Beien
Unter den acht Millionen Deutschen, die an unruhigen Beinen leiden, gibt es schon eine ganze Reihe betroffener Kinder. Laut Berger sind aber keinesfalls alle Menschen, die von unruhigen Beinen befallen werden, behandlungsbedürftig. Bei vielen werdenden Müttern, die im letzten Drittel ihrer Schwangerschaft von unruhigen Beinen geplagt würden, verschwände das Leiden nach der Geburt von selbst wieder.
Trotz der weiten Verbreitung von unruhigen Beinen oder Restless-Legs-Syndrom sei diese Erkrankung auch bei Medizinern bislang relativ wenig bekannt, erklärt Dr. Berger. Ärzte, die Bescheid wüßten, könnten das unangenehme Syndrom mit Medikamenten gut behandeln. Eingesetzt würden Mittel, wie sie in viel höheren Dosen Parkinsonpatienten bekämen. Jedenfalls seien kribbelnde Beine kein Grund auf Kinder zu verzichten. Frauen sollten sich dadurch von ihrem Kinderwunsch nicht abbringen lassen.