Schuh-Einlagen aus dem Internet: Der MEDIZIN-Welt Test
Schuh-Einlagen können Fehlstellungen der Füße korrigieren, die Schmerzen in Beinen und Füßen, in Knien und Hüften, im Rücken und sogar im Kopf verursachen. Und solche Hilfsmittel muss man sich auch via Internet bei hochqualifizierten Spezialisten bestellen können. Das sollte im digitalen Zeitalter möglich sein, auch ohne einen Fuß vor die Tür zu setzen, ohne das Herumsitzen in Wartezimmern beim Hausarzt und beim Orthopäden.
Das war die Grundidee, die 2018 beim Hamburger Sanitätshaus meevo entwickelt wurde. Und genauso funktioniert die Abwicklung nun auch. Wir von MEDIZIN-WELT haben das ausprobiert. Auf der Website https://www.craftsoles.de/ wählten wir Alltagseinlagen in Microleder, Farbe schwarz für 84,99 Euro inkl. 7% MwSt. und Versand. Nach ein paar Tagen bekamen wir per Post die Unterlagen für den Fußabdruck unserer Versuchsperson. Dazu eine Übersicht über mögliche andere Bezugsstoffe. Für jede Farbe außer schwarz hätten wir 5,00 Euro Aufpreis bezahlen müssen. Wäre unsere Entscheidung auf einen antibakteriellen und geruchsneutralisierenden Bezug gefallen, hätte uns das weitere 10,00 bzw. 15,00 Euro gekostet.
Unser Proband hätte gegen 10,00 Euro Aufpreis auch besonders dünne Businesseinlagen bestellen können, „geeignet für Ballerina, Stiefeletten, Pumps, feine Herrenschuhe“. Oder besonders strapazierfähige und stoßdämpfende Sporteinlagen „für Laufschuhe, Fitnessschuhe, Skischuhe, Wanderschuhe“. Das hätte 15,00 Euro mehr gekostet als die Standardausführung. Für einen gewissen Komfort in Sicherheits- und Arbeitsschuhen werden gegen eine Zusatzzahlung von 35,00 Euro auch dafür geeignete Einlagen angeboten.
Bestellung dauert nur Minuten
Zum Vergleich: Beim Einkauf im Sanitätshaus hätten wir für eine Standardausführung zwischen „etwa 130“ bis „knapp 200 Euro“ berappen müssen. Das war die Spanne der Angebote, die wir eingeholt haben. Und zur Bestellaufnahme im Laden sollten wir bitte erst einmal einen Termin ausmachen.
Zur Bestellung gehörte es, barfuß den Abdruck des Fußes mittels Kohlepapier auf eine weiße Unterlage zu übertragen.
Unsere Internet-Bestellung war in ein paar Minuten erledigt. Dazu gehörte es, barfuß den Abdruck des Fußes mittels Kohlepapier auf eine weiße Unterlage zu übertragen. Den Fußumriss auf einen gesonderten Bogen aufzuzeichnen. Den beiliegenden Fragebogen auszufüllen. In diesem ging es neben der Auskunft über Vorerkrankungen wie Diabetes um die Fußbeschwerden, die unser Einlagenbesteller hat. Auf sieben verschiedenen Abbildungen von Füßen konnte er eintragen, ob Fußgewölbe Innenseite, Vorfuß, Mittelfuß, Großzehengrundgelenk, Ferse, Achillesferse oder Fußaußenseite besonders von Schmerzen betroffen sind. Außerdem wurde gefragt, ob noch andere Schmerzen aufträten, zum Beispiel Knie- oder Hüftschmerzen. Eine professionelle persönliche Beratung konnte außerdem per Telefon, Live- oder Videochat in Anspruch genommen werden.
Auf sieben verschiedenen Abbildungen von Füßen war einzutragen, ob Fußgewölbe Innenseite, Vorfuß, Mittelfuß, Großzehengrundgelenk, Ferse, Achillesferse oder Fußaußenseite besonders von Schmerzen betroffen sind.
Nun fertigte anhand der eingereichten Unterlagen die hauseigene Meisterwerkstatt des Innungsbetriebes Sanitätshaus meevo in Hamburg mit ihren Orthopädiefachkräften per Handarbeit die bestellten Einlagen. Nach zehn Tagen kamen sie per Post zu uns. Sie steckten in einem schwarzen Beutel mit der Aufschrift „your perfect pair“. Das war nicht übertrieben. Seit zwei Wochen läuft unser Redaktionsmitglied nun schon mit dem „perfekten Paar“ neuer Einlagen herum. Stundenweise, wie empfohlen. Die schmerzenden Füße würden immer weniger weh tun, berichtet er. Der Kauf seiner Einlagen aus dem Internet sei ein voller Erfolg.
Einlagen müssen „eingetragen“ werden
Warum erst stundenweise? Das erklärt uns Orthopädieschuhmachermeister Torben Peik vom Sanitätshaus meevo damit, dass in dem Moment, in dem man sich auf der Einlage bewegt, sofort eine Korrektur im „statischen Defizit“ des Körpers stattfindet. „Einlagen sollten genau aus diesem Grund, erst langsam eingetragen werden, damit man im ‚Feldversuch‘ merkt, wie die Korrektur sich auf den Fuß und die gesamte Körperstatik auswirkt.“
Das heißt, dass eine zu schnell und gleich zu lange einwirkende Korrektur ihrerseits Schmerzen hervorrufen könnte. Denn der Körper habe „ein eingeschliffenes Bewegungsmuster“, dessen Korrektur sich an allen möglichen Stellen im Skelett auswirken könne. Deshalb sollte man dem Körper etwas Zeit lassen, sich an die neue Ausrichtung zu gewöhnen.
Einlagen sind mit unterschiedlichen Bezugsstoffen lieferbar und sollten zunächst stundenweise eingetragen werden.
Die Barmer Krankenkasse steht hinter dem Digitalkonzept
Im Internet gibt es mehrere Anbieter für eine digitale Versorgung mit Einlagen. Die von uns getestete Firma meevo arbeitet seit August 2021 mit der Barmer Krankenkasse zusammen, die auch Daten über die Zufriedenheit der Kunden erhoben hat. Alle Patientinnen und Patienten wurden routinemäßig zirka 14 Tage nach Erhalt der Einlagen befragt. Dies ist in den Verträgen mit dem stationären Handel bisher nicht der Fall. Die Barmer teilt zum Ergebnis mit: „Von fünf zu vergebenden Sternen wurden im Durchschnitt 4,8 Sterne vergeben. Dies sowie viele positive persönliche Kommentare bekräftigten die hohe Zufriedenheit unserer Versicherten mit dieser innovativen Versorgung.“ Die Versicherung hatte die Kosten der orthopädischen Einlagen abzüglich der gesetzlich vorgeschriebenen Zuzahlung übernommen.
Derzeit ruht allerdings der Vertrag zwischen meevo und Barmer, weil noch rechtliche Fragen mit dem Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) geklärt werden müssen. Die Krankenkasse erklärt dazu gegenüber MEDIZIN-WELT: „Es geht dabei darum, ob der Vertrag in allen Punkten konform mit den Anforderungen des Hilfsmittelverzeichnisses (HMV) ist. Wir streben derzeit gemeinsam mit dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen Anpassungen des HMV an, um einen gesicherten Rahmen für diesen alternativen Versorgungsweg zu schaffen. Die positiven Erfahrungen und die überaus erfreuliche Resonanz unserer Versicherten bestärken uns in unseren Bemühungen, diesen Versorgungsweg so bald wie möglich wieder anzubieten.“