Wartezeit beim Arztbesuch: Wie lang ist normal?
Aber welche Wartezeiten sind normal – und wann reißt einem zu Recht der Geduldsfaden? Und kann man sich gegen zu lange Wartezeiten wehren oder gar Schadensersatz verlangen? Wer zu den offenen Sprechstundenzeiten ohne Termin in die Praxis kommt, sollte sich auf lange Wartezeiten einstellen. Generell gilt: je früher man kommt, desto schneller geht es meistens. Je nach Andrang müssen Sie aber damit rechnen, schlimmstenfalls einige Stunden im Wartezimmer totzuschlagen. Offene Sprechstunden sind für das Praxisteam völlig unkalkulierbar, denn beim Arzt zählt nicht nur, wer zuerst da war, sondern auch die Dringlichkeit der zu behandelnden Fälle. Deshalb ist es wichtig, die Sprechstundenhilfe gleich zu Beginn informieren, wenn Sie Schmerzen haben oder es um einen akuten Notfall geht.
In der Regel wird es bei der Behandlungsreihenfolge berücksichtigt, wenn Patienten Schmerzen haben. Je nach Notfall kann es auch sein, dass Sie in einer regulären Praxis nicht angemessen behandelt werden können und an die Notaufnahme eines Krankenhauses weiterverwiesen werden. Auch in diesem Fall ist es wichtig, dies gleich zu Beginn abzuklären, bevor Sie Stunden im Wartezimmer verbracht haben.
Wartezeit mit Termin: 30 Minuten sind vertretbar
Ganz anders ist die Lage, wenn Sie einen Termin haben. Auch hier sind Wartezeiten von 10 bis 20 Minuten völlig normal, da sich die Dauer der einzelnen Behandlungen nicht exakt durchplanen lässt. Ab einer Wartezeit von 30 Minuten sollten Sie allerdings zumindest über den Grund informiert werden, warum sich Ihr Termin verschiebt. Auch in einer gut geführten Praxis kann es immer wieder einmal zu Engpässen kommen, und Verspätungen werden häufig durch Notfälle ausgelöst.
Ein weiterer Grund für lange Wartezeiten sind generell überlastete Praxen. Zwar gibt es in Deutschland keinen Mangel an Ärzten – allerdings sind diese sehr ungleich im Land verteilt. Insbesondere im ländlichen Raum werden Ärzte händeringend gesucht, um eine bessere Grundversorgung zu gewährleisten. In den Ballungsgebieten nehmen sie sich hingegen gegenseitig die Patienten weg, wie nun auch eine aktuelle Studie belegt.
Wartezeit: So ist die Rechtslage
Unverschämt lange Wartezeiten müssen Sie jedoch dennoch nicht einfach hinnehmen. Wenn Sie wiederholt trotz Termin stundenlang warten müssen, spricht das für eine schlechte Praxisorganisation – und für diese muss ein Arzt im Zweifel auch Verantwortung übernehmen. Rein rechtlich ist es sogar möglich, wegen erduldeter Wartezeit auf Schadensersatz zu klagen. Die Hürden für eine solche Klage sind allerdings recht hoch. Denn verlorene Freizeit ist kein Posten, für den vor Gericht Ersatz gefordert werden kann. Ebenso wenig hat man Anspruch auf Schadensersatz, wenn man sich für den Arzttermin Urlaub genommen hat, da man in diesem Fall ja weiterhin volle Bezüge erhält.
Warten bis der Arzt kommt – oft eine Zumutung Foto: © DanielCubas (CC0 1.0) – pixabay.com
Für eine Klage muss man vielmehr nachweisen können, dass man durch die lange Wartezeit einen Verdienstausfall erlitten hat. Auch als Freiberufler, der Arbeitszeit verliert, muss man konkreten Schaden nachweisen können, beispielsweise einen entgangenen Auftrag. Auf der anderen Seite muss man vor Gericht plausibel machen können, dass man trotz Verdienstausfall im Wartezimmer ausgeharrt hat – etwa wegen eines akuten Notfalls. Eine Klage wegen langer Wartezeit ist also alles in allem nur in speziellen Sonderfällen möglich und Erfolg versprechend. Wenn Sie unzufrieden wegen langer Wartezeiten sind, ist es im Zweifel weniger aufwendig und viel schonender für die Nerven, sich einfach eine neue Praxis zu suchen.